Mit eingezogenem Schwanz unterwarf sie sich der Schönheitsdoktrin, die sie, wie die meisten anderen jungen Frauen auch, nicht erfüllen konnte. Schon allein weil sie einen Penis hatte, den man im Bikini sah.
Ganz zu schweigen von ihren Speckröllchen. Sie mochte das Wort. Es hatte etwas Mystisches, etwas Verbotenes und Großartiges. Fast so wie Penis, außer dass sie ihn nicht auf die Waage legte, streng beobachtete und vermaß. Keine Diät würde daran etwas ändern, dass zwischen ihren Beinen so ein unförmiger Komplex baumelte. Dieselben sexistischen Strukturen, die zu ihr sprachen, aus irgendeiner konstruierten Tiefe, und ihren Speckröllchen die Existenz abzugraben suchten, standen auch parat, wenn es darum ging, ihren Penis mal wieder zu verfluchen. Und ja, verdammt. Sie war eine hässliche Frau. Mit Penis. Aber ja doch, verdammt nochmal doch, sie war wunderschön.
Gebot ihren Augen Einhalt, wenn sie kritisch im Spiegel das Selbst auszulöschen suchten, wagte ihre Gedanken anzuhalten, wenn sie darauf war, sich selbst zu negieren. Irgendwann werden auch Penisse großartig sein, Speckröllchen hatten auf jeden Fall Potential. Bis dahin wird sie weiter tumblr nach Diätvorschlägen, mit oder ohne garantierter Wirksamkeit, gegen zu viel Penis durchforsten. So lange, bis sie keine Lust mehr hatte, so zu tun, als sei sie ein Cis-Model, die ihren Körper zu verkaufen hatte. Aber im Moment würde sie ihren Körper noch nicht einmal selbst kaufen. Um kein Sonderangebot der Welt.
tumblr verriet ihr nichts darüber, wie sie auf dem Weg zu sich selbst nicht immer über ihren Penis, und wenn sie schon einmal dabei war: auch über ihre Speckröllchen, stolpern musste. Stolpernd begann sie, langsam und leise, damit die rufenden Stimmen nichts hörten, wird sie lernen, nicht mehr zu antworten. Und: „Du kannst gar keine Frau sein, du hast ja einen Penis.“ Wird sie dann, irgendwann, entgegenschleudern: „Du kannst mir ja gar nichts sagen, du  bist ja nur ein soziales Konstrukt.“ Mama Butler wäre stolz. Und bell hooks war es schon, in jedem Moment, da sie mutig genug war, einfach nur sich selbst im Spiegel anzugrinsen, amüsiert über ihren Selbsthass, und genugtuend zu sagen: „Passt schon.“ Das war ihr Körper, der niemand anderem passen musste. Ihr Körper, in dem nur sie selbst sich wohlfühlen brauchte. Sexismus, Rassismus, Lookismus und Transphobie, wir dürfen draußen bleiben, angeleint und besteuert. Freiheit für Hunde, Freiheit meinem Körper. Und dann, irgendwann werde ich auch ehrlich sein, dann.
mai 2016