1
du kannst mich nicht lieben,
sagst du.
trans personen findest du nicht attraktiv.
zuckst nur mit den schultern.
ich weine
ich mochte dich
aber die wut wächst größer
ein kugelfisch, der in sich zusammenfällt
und mich in die tiefe zieht.
und du lächelst mich unschuldig an,
als sei es das verständlichste auf der welt,
und nicht meine wut, die in mir tobt,
dass ich meinen körperumriss festhalten muss,
dass mein schatten nicht wackelt.
nicht dass du meine liebe ablehnst,
dafür habe ich nur traurigkeit,
sondern mich.
wie wenig mühe du dir gibst,
mich kennenzulernen
wie wenig du auf meine öffnungen eingehst.
und du versteckst dich hinter der heiligkeit
deines begehrens
als sei es nicht politisch.
und du wartest, dass ich „natürlich“ sage
2
du willst mich küssen. ich ziehe meinen kopf heftig zurück. er bleibt mit einem dumpfen aufprall an der wand stehen. du schaust verdutzt. bist du nicht schwul?, frage ich. naja, sagst du, und rutschst kaum merklich und mit unruhigen augen auf deinem stuhl, du bist ja doch schon ein mann. lächelst, um mein erschrecken zu überdecken.
und ich verstehe nicht, wie du mich attraktiv finden kannst, und weiterhin an deiner sexualität festhältst. wenn du nicht bereit bist, das infrage zu stellen, für mich, wenn du mich als mann sehen musst, um mich attraktiv zu finden, kann ich das auch nicht.
und von einem moment auf den anderen
erlischt, was mich an dir faszinierte
verliert meine neugier
an die wut im bauch.
3
wir trafen uns in der interventionsgruppe gegen gentrifizierung im herbst. uns war auch nach dem tee noch kalt, den ich auf dem kocher in der ecke gemacht hatte. du trugst eine dieser glänzenden kunstdaunenjacken, die damals alle trugen. du warst schwul und der meinung, dass alle männer feministen sein sollten, wie du. wir sprachen über deine ansichten zu spaltungsdiskursen in der community, über die geschlechtsbasierte naturgewalt des nationalstaats, über performativen widerstand gegen heteronormativen assimilationsdruck bis zum morgengrauen und wurden vom klangvollen klagen der lerche, die ihre kinder an einen verirrten wintersturm verloren hatte, nach hause begleitet. als du meine bitte verteidigst, dass in der vorstellungsrunde doch bitte alle ihre pronomen sagen sollten, zwinkerst du mir heldenhaft zu. ich sollte deine trans freundin werden.
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