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fernbeziehung

Es bereitete ihr keine Freude, das Wetter nicht, die Tastatur nur vage. Sie weinte, wider Erwarten, und doch wie angekündigt. Sie sah der Geliebten nach, sah sie durch einen piependen Schlund verschwinden, unachtsam vortretend. Ihr Kopf zerstreut, bei ser Liebenden. Gestern anend noch hatten sie miteinander veschlafen, hatten nachts nicht viel Schlaf abbekommen. Beide nicht, natürlich. Jetzt wieder getrennte Wege zu gehen schien ihr nur schwer möglich. Naturlich wird sie ihren Alltag wieder andrehen, wieder da sein, wo.sie vor zwei Wochen noch so involviert stand. Jemand hatte wieder Empfang. Und der Innenminister enthüllte bildhaft in Statistiken einen Abschiebeskandal. Die Behörden deportierten zu inkonsequent, zu diskret, und überhaupt zu wenig, da war man sich unter Bildern einig. Die Geliebte war verschwunden, und ihr Tag voller Spuren. Ringe unter den Augen statt Knutschflecken zwar, aber Zeichen allerorten. Sie hatte den Reis anbrennen lassen, aß ihn trotzdem. Ein Beigeschmack von Kohlenstoff ließ das Rätseln nicht aus, weshalb ihr das jetzt passierte. Was klar war.  Vor der Geliebten Ankunft hatte sie jegliche Konzentration verloren, und jetzt erlebte sie die Umkehrung dessen zu demselben Effekt. Berlin war wieder auf dem Rückweg, kurz vor Halle. Diesmal wurde ihr im Bus beim Schreiben nicht schlecht, obwohl es hinter Vockerode stank. In Dessau bewegte sich wieder nichts, Zustände erinnerten an den Tod an Oury Jalloh. In Halle am Samstag, Mensch über Kleidungsdisput von Thor-Steinar-T-Shirt niedergestochen, politische Subjektivierung der Mode. Um 6 die Solidemo auf dem Markt, ob sie käme. Von zwei Menschen angerufen und gefragt, sie war ein unstetes Mobiliar auf Demonstrationen. Danach Vollversammlung der Gewerkschaft, die es immer noch nicht auf die schwarze Liste des Verfassungsschtz gebracht hatte, aber langsam aus der roten Liste vom Aussterben bedrohter autonomer Strukturen auf die gefährdeter, weil rechts sie langsam wahrnahm. Sie fühlte sie sich so leer an, seit die Geliebte dagewesen war. Nicht viel zu reflektieren, denn eigentlich sollte es ihr gutgehen. Vielleicht trat die befürchtete Abwärtsspirale wieder ein, ohne dass sie schon sehen konnte, wo die Kreise und Wände lagen. Sie fühlte sich leer, fern ihrer eigenen Realität, ohne Geschichte, und indifferent mit Blick auf die Zukunft. Sie tat, schrieb eine Email, ihre Begeisterung für Bildung preisend, und fühlte nichts dabei. Stand auf einer Demo, schrie einen Vollstreckungsverbeamteten an, und war im Moment verhaftet. Es riss sie hin und her, immer wieder. Es war nicht nachhaltig.

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