wir nannten hashtags rauten
und die zeichen in den email-adressen unserer älteren geschwister mit den unseriösen namen
die wir nie schafften, richtig nachzuzeichnen, klammeraffe
wir brachten die hausarbeiten für computer-erziehung auf diskette in den unterricht
cool und krass waren verbotene wörter, die wir uns in den schulhofpausen zubrüllten
wenn man glück hatte, kam aus dem kaugummi-automat ein ring
oder fand man in der telefonzelle noch eine münze
und im sommer verkaufte einer buntes gefrorenes zuckerwasser in dünnen plastiktüten
wir hörten musik nur im schulbus-radio
oder wenn wir krank waren aus dem walkman
denn beim kassetten-rekorder musste man aufstehen, um das band umzudrehen
wir verbrachten stunden damit
verloren geglaubten bandsalat mit einem bleistift zurückzuspulen
und hatten immer angst, auf den falschen knopf zu kommen
wenn tokio hotel lief schwiegen alle und passten auf
dass niemand mitbekam, dass man die texte im kopf mitsang
in kunst gab es richtig und falsch
und in mathematik glaubten unsere lehrer den mädchen nie ein wort
und verziehen den jungs jeden fehler
in sport hatten wir angst vor unseren übergriffigen lehrern
französisch-lehrerinnen waren urst gruselig
und religions-lehrerinnen trugen ihre unbarmherzige strenge mit stolz
wir hatten farblich vorgeschriebene umschläge für unsere schulhefte
und der erste schultag ging dafür drauf
rückseitig beschriftete streifen zurück in den hefter zu schieben
wir klebten den kaugummi aus der hubba-bubba-schlange eines glücklichen vom schulhof
unter unsere bettrahmen
um ihn auf dem weg zur schule weiterkauen zu können
pausenhöfe waren übersät mit längst zu stein gewordenen kaugummis
in jeder tasche klapperten tic-tacs
um arme und hals legten wir uns bänder aus zucker
und zogen alle zwei minuten mit den zähnen ein pez aus einem langen tier
wir schütteten sowieso ständig plastikverpackte süße irgendwas in uns hinein, die die zunge färbten
manchmal kreischten unsere mütter, weil sie die überreste einer vergessenen leckmuschel
nach dem waschen aus der maschine fischten
wir hatten unsere aufklärung aus der bravo
oder aus einem quelle-katalog, den jemand vom klo geborgt hatte
und wir sagten noch “borgen”
hörten tkkg-kassetten zum einschlafen
und bekamen riesige kästen voller filzstifte von unseren tanten geschenkt
hinter jedem auto grinste einen wahlweise wackel-dackel, klopapier-häkel-rolle, oder furby an
und unter jeder windschutzscheibe sonnten sich elvis oder die queen
wir schnitten uns löcher in die jeans
und bekamen dafür furchtbar ärger
auf klassenfahrt trugen wir hosen mit abtrennbaren beinen
und schirmmützen mit werbung gegen die sonne
wir haben unsere schuhe vollgemalt
und unsere tornister
wir fanden schweißbänder cool
auf einmal sahen alle jungs aus wie justin timberlake
und dann wie justin bieber
und dazwischen trugen sie die hosen in den kniekehlen
wir trafen uns in der pause an den tischtennisplatten
um unsere diddl-schätze auszubreiten
- wir alle wussten, ein blatt aus der sammlung der älteren geschwister konnte
einen ganzen block vom kindergeburtstag wert sein
egal ob die mark auf einmal nichts mehr wert war
und an windigen tagen hinter der turnhalle
wir haben sticker gesammelt und briefmarken und alle möglichen plastik-wesen
wir lasen eragon um die wette
michael ende
knister
otfried preußler
enid blyton
twilight
die wilden hühner
oder tintenherz
alles erschien in trilogien
und ärgerten uns, dass wir als wir alt genug waren für harry potter
nicht schnell genug lesen konnten um den letzten teil mit fieber zu erwarten
und unsere eltern zitierten auf einmal alle hape kerkeling
niemand wusste, wer bullerbü und ferien auf saltkrokan mehr liebte, wir oder die eltern
sowieso, alles, was wir wussten, wussten wir von willy, ralph und shary, und peter lustig
und später machte wikipedia unsere hausaufgaben
wir riefen nachmittags vom festnetz ihrer mütter
das festnetz unserer mütter an
um ihnen zu sagen, dass wir uns verspäteten
und wickelten dabei das kabel um unseren finger
und pressten den hörer an die wange, damit wir gleichzeitig hören und sprechen konnten
also abwechselnd
und waren zwanghaft damit beschäftigt, das ringeln wieder durchgehend zu machen
aber gewiss zum abendbrot zurück seien
und gaben den hörer den müttern zurück
und waren immer zum abendbrot daheim
mit unserem city-roller
manchmal riefen wir von zuhause an
denn wir hatten uns alle nummern gemerkt
und wenn niemand abnahm, machten wir eben was anderes
meistens riefen wir sowieso nie an, bevor wir vorbeischauten
wir starrten in scharen angestrengt auf den winzigen bildschirm des handys
das ein glücklicher, den wir alle um seine laissez-faire-erziehung beneideten, entwendet hatte
sprachen andächtig kein wort
bis ein streifen statt in einen punkt in den eigenen schwanz gekrochen war
wir schubsten uns gegenseitig in den see
denn niemand hatte ein handy in der tasche
und als wir älter waren schossen wir moorhühner ab
oder richteten unsere virtuellen häuser perfekt ein
sms schrieben wir ohne leerzeichen und in rätselhaften abkürzungen
auf pinken klapp-handys
außer uns hat niemand mitbekommen, dass es schüler-vz gab
und als wir alt genug wurden, um langeweile zu haben
wurde das smartphone erfunden
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