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liebe banal

Ihr Post gestern im blauen sozialen Netzwerk, dessen Datenmissbrauch sie sich noch immer Unterwarf, „wenn ich den gestrigen parlamentsbeschluss, ein ganzes paket voll unmenschlicher gesetze und regelungen zu verabschieden, nicht unkommentiert lassen kann, so vielleicht hier ein anstoß. es geht auch um literatur, geht auch um performative sprache, die wirklichkeit erst schafft, oder zu schaffen sucht. dennoch: mag ich noch alles daran setzen, einer menschenverachtenden sprache entgegen zu wirken, wirklichkeit wird auch ohne mich geschaffen.“, darunter ein Interview mit einer Linguistin in einer großen deutschen Zeitung über Obergrenzen, Untergrenzen und die Abwesenheit von Ethik im politischen Handeln und öffentlichen Urteil. Der Welt zu zeigen, dass sie wieder da war. Noch etwas? Der Wohlfühleffekt politischer Scheinhandlungen vielleicht, wie Müll aufheben, oder demonstrieren. Ändert nichts außer ihrer Wut Luft zu machen, um nicht zu ersticken. Sie wird duschen, kleiden, rasieren, zumeist reflexiv.


In der Dusche masturbierte sie, mehr aus Routine, und weil sie sich beim Duschen mit dem sonst kollektiven Akt mit der Geliebten verbunden fühlte. Das, obwohl sie die Vorstellung der Geliebten lange nicht mehr erregte, zu verlasst war das Bild vom häufigen Betrachten, erstummt das Tonband ihrer Stimme. Zur Erregung bringen konnte sie das nicht mehr, auch nicht die Erinnerung an vergangene Heldentaten. Sie zog sich an, ein Hemd von gestern, kaum getragen, das ihr einst der Vater der alten Freundin geschenkt hatte, sie waren von ähnlicher Staturm, Synthetikunterwäsche, Socken von der Mutter, die stricken konnte und lesen gleichzeitig, ihre schwarze Hose oder eine Jeans? Rock kam nicht in Betracht. Nicht nur hatte sie keinen im Schrank, auch wird es dunkel sein, wenn sie aufbricht. Und die nassen Haare? Werden hoffentlich trocken sein, sonst ein Schal? Aber die Dunkelheit, die Einsamkeit. Der karierte Pullover war dankenswerterweise kapuzt.


Die Geliebte wird wieder fragen, wie es ihr ging. Was sollte sie antworten? Die Postmoderne hatte der Geliebten den Glauben geraubt, und ihr das Gefühl. Was war es noch möglich, leidenschaftlich zu fühlen, wenn sich noch vor dem Moment ein relativierender introspektiver Gedankenwall zwischen sie und das Jetzt schob? Analyse verhaftete in Rationalität, ihre Automatismen verhinderten, dass sie unreflektiert fühlte. War das einfach eine zu akzeptierende Tatsache, ein Preis, der schlicht zu bezahlen war, und ihr Widerspruch daher zwecklos, oder war es wert dafür zu kämpfen selbst wieder Mensch zu sein, atmend und fühlend, und nicht außerhalb zu stehen ihrer Spezies und der Welt der Wesen, war es? Sie rief ihre Mutter an, die 0 für Anrufe außerhalb des Hauses, nördliche Vorwahl, dann noch mehr Zahlen. Sie nahm nicht ab, sie wird es später versuchen. Oder auf dem Handy, dann aber würde der Vater abnehmen, und sie hätte zu fragen, ob sie die Mutter sprechen könne. Wird sie, aber noch ein Versuch. Sie seien gerade zur Tür rein, der Vater wird zurückrufen. Sie will aber mit dir sprechen, Mutter.


Sie schnitt sich die Nägel, seltsam genug, dass sie diesen Satz noch nie gelesen hatte. Romanfiguren taten alle möglichen obszönen Dinge, sie kackten, pissten, fickten, aber schnitten sich nicht die Nägel. Sie bevorzugte einen Knapser. Rasiert war sie immer noch nicht, obwohl sie ihren Bartwuchs hasste. Sie ekelte sich vor ihr selbst im Spiegel, Flaum auf den Lippen, eklig der Widerstand der borstigen Härchen, wenn sie gegen den Strich darüber fuhr. Störte nicht nur beim Kuss. Dann nähte sie ihre Hose, auch zu gewöhnlich für einen Roman, aber doch nötig außerhalb dessen, wenn sie nicht zur Dramatik wechseln wollte. Die Geliebte rief nochmal an, obwohl es bei ihr bereits Mitternacht war. Das Internet verließ sie wieder und wieder, was für Banalitäten ihre Beziehung doch ausgesetzt war, die ihre Stimmung beeinflussten. Sie fehlte ihr, die Geliebte.

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