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scham

Sie versteckte sich. Rannte über die Flure der Wohngemeinschaft, schloss Türen leise hinter sich, immer bereit, wegzulaufen. Runter in die Küche, dann in die Bibliothek, schließlich wieder zurück in ihr Zimmer, ohne dass sie jemanden traf, weil sie dem Knarren der Dielen und Klappern der Türen rechtzeitig auswich. Mascara und Lippenstift blieben unverändert. Sie duschte, und die Schminke verwusch um ihre Augen zu blauen Flecken. Eben noch hatte sie sich selbst abgelehnt, übermüdet, ungewaschen, und sich schrecklich in ihrem Make-Up gefühlt. Sie merkte unter der Dusche, dass sie ihren Körper verurteilte, obwohl sie sich dagegen gewehrt hatte. Ihr blieb als einzige Möglichkeit der Selbstbefriedigung ihr Penis. Sie wollte sich gerne damit einfinden, ihren Körper schön finden. Statt andersherum. Sie fragte die Geliebte, ihr sich selbst lieben zu helfen.


Sie veröffentlichte ihre geschminkten Augen zum ersten Mal. Sie wird weitermachen, wie bisher. Kaum jemand bemerkte sie, sie war eingebunden in den Alltag, und selbst der Kleiderkauf verlief normalisiert. Keine starrenden Augen, ungeschminkt, keine Wahrheit. Streifende Blicke, aufreißende Verwirrung, und dann wieder eilige Verklärung. Sie war frei, bewegte sich durch die Welt, ohne gelesen zu werden. Sie schwebte durch ihre Illusion und zurück in ihr Zimmer, ohne dass ihr Palast einen Kratzer bekommen hatte. Sie ging ins Erdgeschoss, immer den Treppen nach, einen Schritt vor dem anderen, auf sicherem Boden, nicht ausrutschen, nicht schwanken, Schritt für Schritt.

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