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Summer of Transysogyny – holen wir uns den Sommer zurück!

Wenn die allgemeine Euphore über Badestrand und Sonnenschein ausbricht, nicke ich nur kleinlaut mit dem Kopf. Was soll denn schon gut am Sommer sein? Die Hitze bringt einen Körper zum Vorschein, der immer noch auf Versöhnung wartet. Und im Winter sehen sowieso alle androgyner aus, in ihren bodenlangen grauen Jacken. Soziale Zwänge, die der Winter nicht kennt, füllen auf einmal Nachmittage – Baden. Und während der Winter sagt: Es ist okay, dass es dir scheiße geht, bleib im Bett und schlürfe Tee, bis die unsichtbare Sonne untergeht, sagt der Sommer: Dir geht‘s scheiße? Allen anderen geht‘s gut, geh mit raus oder fühl dich schlecht.


_ Also zuerst mal, cis Privilegien reflektieren.

[an solidarische cis personen]

Wenn ihr einfach an den See fahren könnt, euer T-Shirt abstreift und ins Wasser springt, ohne Panik zu schieben, weil ihr euch dann mit eurem Körper auseinandersetzen müsst – dann ist das ein Privileg, das viele trans Leute nicht genießen. Und wenn alle tierisch Spaß im Wasser haben, außer ich, weil ich mal wieder einen dysphorischen Tag habe, dann fühlt sich das Kacke an. Also: Gebt euren trans Freund_innen gar nicht erst das Gefühl, dass sie euch den Tag verderben, wenn sie euch sagen, dass sich das doof anfühlt, alleine am Ufer zu bleiben. Es gibt so viele andere Dinge, wie ihr einen Sommertag genießen könnt. Und Eis erfrischt mindestens genauso.

Bei mir geht es manchmal, wenn keine anderen Menschen da sind, außer denen, mit denen ich mich wohlfühle. Auf keinen Fall im Freibad (binäre Umkleiden – ahhh), und auch nicht dort, wo sich die ganze Stadt versammelt, um meinen merkwürdigen Körper zu beobachten. Solidarisch zu sein, fängt schon bei den Plänen an. Und wenn ihr euch doch entscheidet, Baden zu gehen, und es sich für eure trans Freund_innen auf einmal doch doof anfühlt, dann seid nicht sauer, sondern fragt nach, was sie jetzt brauchen. Solidarisch zu sein, kann auch bedeuten: mal mit draußen zu bleiben, wenn alle anderen reingehen. Oder die Gesichter hinter den musternden Blicken, die gerade das erste Einhorn ihres Lebens gesehen haben, wegzuboxen, wenn eure trans Freund_innen das solidarisch finden. Tja, es ist kompliziert. Wir sind eben alle anders. Und manchmal auch jeden Tag auf‘s Neue … Aber wir sind da, und ihr könnt uns nach unseren Wünschen und Bedürfnissen fragen.


_ Und was, wenn mein Körper sich nicht abwaschen lässt?

[an trans geschwister]

Ich bin früher richtig viel geschwommen – seit ich meinen Gefühlen zu meinem Körper Raum gebe, ist es nicht mehr so leicht für mich. Manchmal geht es, mit lieben Menschen, an einem einsamen Ort. Mit ganz viel Klamotten. Oder ganz nackt. Je nachdem. Es ist auch immer anders, und klar wäre es cool, wenn meine Freund_innen besser planen könnten, ob Baden jetzt cool für mich ist, oder nicht. Aber in eine transfeindliche Gesellschaft sozialisiert worden zu sein, die mich gelehrt hat, dass mein Körper ja gar nicht meiner sein kann, die mich gezwungen hat, in meinem Körper einen männlichen zu sehen – das geht eben nicht weg, von einem Tag auf den anderen. Das ist viel Arbeit mit meinem Körper. Und manchmal hilft es mir, gemeinsam im Wasser zu sein. Aber ganz oft fühlt es sich einfach scheiße an. Und das ist okay. Ich habe gelernt, dass es wichtig ist, und meinen cis Freund_innen hilft, wenn ich darüber rede, und meine Bedürfnisse klar mache. Dann wissen sie, wie sie mich unterstützen können, und was mir hilft. Und wenn du gesagt hast, du gehst mit Baden, und dann am Strand sieht alles ganz anders aus – dann sag das. Denn du hast niemandem den Tag versaut. Das Heteropatriarchat hat uns den Sommer versaut. Holen wir ihn uns zurück!

Zum Beispiel: Mit trans Freund_innen gemeinsam zum See fahren. Eine Atmosphäre basteln, die es okay macht, mit anderen draußen abzuhängen, und nicht ins Wasser zu müssen, um dabei zu sein. Gefragt zu werden, worauf wir heute Lust haben, statt anzunehmen, dass Baden für alle mega ist. Mal zusammen die Altkleidersammlung durchwühlen, es gibt auch luftige Sommerklamotten ohne Nacktheit. Und hey, es wird früher wieder hell. Und zum gemeinsamen Spaziergang nach hause muss es ja nicht dunkel sein.

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